Juli 2023

Die Wohnungsbaugenossenschaften würdigten am 1. Juli 2023 die genossenschaftliche Idee. In diesem Jahr jährt sich der vom Internationalen Genossenschaftsbund ICA ausgerufene Internationale Tag der Genossenschaften zum 100. Mal.

Dazu erklärt Sven Auen, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsbaugenossenschaften in Schleswig-Holstein (WBGSH) und Vorstand der WOGE Wohnungs-Genossenschaft Kiel eG:

„Gäbe es als Genossenschaft organisierte Wohnungsunternehmen nicht, müsste man sie erfinden. Wer in einer Wohnung unserer Genossenschaften lebt, der muss keine Angst haben: Keine Angst vor Luxussanierung. Keine Angst vor einer Kündigung wegen Eigenbedarfs. Keine Angst vor exorbitanten Mietsteigerungen.

Die monatliche Nettokaltmiete liegt bei uns im Durchschnitt bei 6,20 Euro pro Quadratmeter - und damit erheblich unter dem Wert der örtlichen Mietspiegel. 2022 übergaben Schleswig-Holsteins Wohnungsbaugenossenschaften 639 Wohnungen. Die Zahlen belegen den Erfolg früherer Wohnungsbaupolitik. Was im Bau war, wird noch beendet.

Damit wird deutlich: die Genossenschaften sind die eigentliche Mietpreisbremse. Sie sichern den sozialen Frieden in den Quartieren und investieren beständig hohe Millionenbeiträge in die Stadtentwicklung. Für die Jahre 2025 und 2026 sehe ich allerdings schwarz. Gründe sind die massiv gestiegenen Baupreise, der Anstieg der Zinsen und die große Verunsicherung infolge des Berliner Förderchaos.

Klimaschutz ja – aber das bezahlbare Wohnen nicht vergessen

Die schleswig-holsteinischen Wohnungsbaugenossenschaften unterstützen ohne Wenn und Aber die Klimaschutzziele Deutschlands. Sie treiben den klimagerechten Umbau ihrer Bestände voran. So fließt ein erheblicher Teil der im vergangenen Jahr getätigten Investitionen in die Nachhaltigkeit unserer Wohngebäude.

Allerdings verstehen wir uns auch als Interessenvertreter von Menschen mit wenig oder geringem Einkommen. Klimaschutz, der auf dem Rücken dieser Menschen umgesetzt wird, wird nicht funktionieren und Widerstand provozieren. Das haben die jüngsten Debatten über den Austausch von Heizungen und über die Vorschläge von Kiels Umweltminister Tobias Goldschmidt bewiesen.

Die Bezahlbarkeit des Wohnens ist eine der wichtigen sozialen Fragen unserer Zeit. In dieser Frage stehen Schleswig-Holsteins Wohnungsbaugenossenschaften fest an der Seite ihrer Mitglieder und fühlen sich der Tradition der genossenschaftlichen Idee verpflichtet, durch freiwillige Kooperation sich gegenseitig zu helfen.“


Geschichtlicher Hintergrund

In Deutschland begründeten neben anderen Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich-Wilhelm Raiffeisen 1847 – unabhängig voneinander – erste Genossenschaftsmodelle. Mit dem ‚Gesetz betreffend die Wirtschafts- und Erwerbsgenossenschaften von 1889‘, kurz Genossenschaftsgesetz, das dank seiner beschränkten persönlichen Haftung die Gründung von Genossenschaften beförderte, gründeten sich in ganz Deutschland Baugenossenschaften. Rasch zeigte sich der Erfolg dieses Modells, und die Zahl der Baugenossenschaften wuchs innerhalb kurzer Zeit: von 38 im Jahr 1889 auf 1.402 im Jahr 1914.

Die genossenschaftliche Idee „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“ hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt: selbst in den dunkelsten Stunden Deutschlands oder in Zeiten des Wiederaufbaus. Gutes und sicheres Wohnen ist heute genauso wichtig wie zur Gründungszeit der Genossenschaften. Derzeit gibt es in Deutschland rund 2.000 Wohnungsgenossenschaften, die 2,2 Millionen Wohnungen vermieten. Zugleich sind sie Arbeitgeber, Ausbilder und dank ihrer umfangreichen Instandhaltungs-, Modernisierungs- und Neubauarbeiten gerade in ländlichen Regionen der wirtschaftliche Anker.

Die Wohnungsbaugenossenschaften in Schleswig-Holstein (WBGSH) bündeln die Aktivitäten von 18 Genossenschaften. Die Unternehmen bieten insgesamt rund 68.000 Wohnungen - das sind rund 15 Prozent aller Mietwohnungen im Land - zu bezahlbaren Nutzungsgebühren an und geben so rund 104.000 Mitgliedern sowie ihren Familien ein sicheres Zuhause. Gut ein Fünftel aller Genossenschaftswohnungen ist öffentlich gefördert und damit die Grundlage des bezahlbaren Wohnens im Land.

 

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